Der Prozess der Bauausführung beschreibt Tätigkeiten aus der Sicht der Bauleitung zur Abwicklung einer Baumaßnahme. DUVE und CICOS (2014, S. VII) subsumieren folgende Tätigkeiten unter der Bauausführung:
- Besprechungen (Projektkommunikation),
- Arbeitseinteilung und interne Koordination,
- Kontrollieren und Überwachen der Bauausführung,
- Berichtswesen,
- Überwachung kritischer Bauphasen vor Ort,
- Begleitung der Mangelbeseitigung während der Bauausführung,
- Stellung von Mehrkostenforderungen und
- Stellen von Abschlagsrechnungen.
Nachfolgend werden die einzelnen Punkte aufgegriffen und prägnant dargelegt. Bezüglich der Darstellung des umfangreichen Formularwesens wird auf die einschlägige Literatur wie z.B. NIESEL ET AL. (2010) „Organisationselemente im GalaBau“, KIMMICH und BACH (2017) „VOB für Bauleiter“ oder DUVE und CICOS (2014) „Bauleiter-Handbuch Auftragnehmer“ verwiesen.
Nach dem Verständnis von NAGEL (2012, S. 41) wird Projektkommunikation als die Gesamtheit aller Kommunikationsaktivitäten um ein Projekt verstanden. Diese gliedert sie in:
• Prozess (Ziel, Umsetzung, Kontrolle)
• Projekt-Workstream (Arbeitsfluss)
• Arbeitsweise und Methodik
Die gesamte Kommunikation rund um die Baustelle, die eigentlich alle Tätigkeiten während der Bauabwicklung tangiert, lässt sich in eine externe (auftraggebergerichtete) und eine interne (mitarbeitergerichtete) Kommunikation unterteilen. Hierbei lassen sich weiterhin die Sach- und die Beziehungs- sowie die Wertebene mit den jeweiligen Kommunikationsinhalten unterscheiden. Nachfolgende Abbildung zeigt diesen Sachverhalt
Abb. 152: Differenzierung der Kommunikation um die Baustelle.
Für die Gestaltung der externen Projektkommunikation ist es sowohl für die Sach- als auch für die Beziehungsebene von immenser Bedeutung, einen geordneten Informationsfluss zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer herzustellen. Hierfür sind die zuständigen Personen zu benennen und mit notwendigen Legitimationen und Regeln auszustatten. Nachfolgende Abbildung zeigt die Problemstellung schematisch:
Abb. 153: Kommunikation im Projekt, HAUPTSTEIN/KRUG (2012, S. 57).
Für den Aufbau einer vertrauensvollen Beziehungsebene zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer lassen sich folgende Möglichkeiten benennen:
• „Ankerpunkte“ in der Kommunikation außerhalb der Sachebene suchen,
• „Arbeitsessen“ organisieren,
• Eingehen auf unausgesprochene Wünsche,
• Beschwerden stimulieren durch gezieltes Nachfragen,
• Verständnis zeigen für Problemstellungen und
• Freundlicher und offener, respektvoller Umgang miteinander.
Für die Organisation und Führung von Besprechungen, die DUVE und CICOS (2014, S. 69) als mit weitem Abstand wichtigstes Kommunikationsmittel zur Abwicklung einer Baustelle betrachten, ist eine zielgerichtete Vorgehensweise vonnöten, um auch tatsächlich verbindliche Ergebnisse zu erhalten. Hierzu bietet sich folgende Vorgehensweise nach einer Terminvereinbarung und Besprechungsvorbereitung an:
Abb. 154: Die fünf Besprechungsphasen, in Anlehnung an STROEBE (2011, S. 47).
Als Besprechungsgerüst einer Baustelle sind hierbei neben einer Vielzahl informeller Besprechungen – auch zum Ausbau und Stabilisierung der Beziehungsebene – die nachfolgenden, formalen Besprechungen zu nennen, die mit Protokollen zu dokumentieren sind:
- Baustellenvorbesprechung (vor Baubeginn)
- Baustellenablaufbesprechung (Jour-Fix) (wöchentlich)
- Baustellenschlussbesprechung (bei Abnahme)
Es bleibt jedoch nicht zu verhehlen, dass gerade Besprechungen in Gruppen eine große Anzahl an Gefahren bergen und damit die Entstehung von Konflikten fördern können. Nachfolgende Abbildung zeigt die Ursachen:
Der legitimierte Moderator hat deswegen die Aufgabe, die Besprechung immer wieder auf die Sachebene zu heben, das Ziel der Besprechung und der Problemlösung zu verdeutlichen und ggf. für ein faires Miteinander zu sorgen. Nachstehende Abbildung zeigt diesen Weg schematisch:
Abb. 156: Haltepunkte in Besprechungen, THIELE (2013, S. 76).
Die Arbeitseinteilung und interne Koordination dient auf der Basis des Terminplans zur Konkretisierung und Nachsteuerung des Bauablaufs. Damit dient dieser Schritt maßgeblich zur Bewältigung von auftraggeber- oder auftragnehmerseitigen Störungen. Ziel dieser internen Koordination ist es, das richtige Personal, das richtige Material und die richtigen Maschinen und Geräte zum richtigen Zeitpunkt abgestimmt auf die jeweiligen aktuellen Bauumstände auf der Baustelle zu haben.
Für die Maschinen- und Gerätekoordination ist aus praxisbestimmter Erfahrung erwähnenswert, dass häufig Maschinen oder Geräte nach dem Prinzip des „Gerade zur Verfügung stehend“ ausgewählt werden und weniger nach vorheriger Festlegung gemäß Terminplan. Somit findet oftmals eine Entkoppelung zwischen Kalkulationsgrundlage, Terminplanung (Soll-Ausführung) und tatsächlichem Einsatz (Ist-Ausführung) zu diesem Zeitpunkt statt. Eine monetäre Tragweite erhält dies insbesondere, wenn mit Maschinen und Geräten gearbeitet wird, die als Leistungsgeräte kalkuliert worden sind und über das regulär angesetzte „landschaftsbauliche Schweizertaschenmesser“ (Radlader + Minibagger) hinausgehen. Demzufolge sind weiterhin folgende Kriterien zu beachten (vgl. BRÜSSEL, 2007, S. 33):
• räumliche Faktoren
• örtliche Gegebenheiten
• Art und Menge der Leistungen
• Art und Größe des Bauvorhabens
• fertigungstechnische Faktoren
• gewähltes Bauverfahren
• Kalkulationsgrundlagen
• fördertechnische Faktoren
• Art, Menge und Gewicht der Fördergüter
• Einsatzkontinuität
• Bauzeit
• Ausführungszeitraum
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Nachfolgende Abbildung zeigt unter dem Begriff der „Wochendisposition“ ein mögliches Instrument zur Arbeitseinteilung und internen Koordination in analoger Form auf. Dieses sollte von dem jeweiligen Vorarbeiter geführt werden und als Abstimmungsinstrument zwischen Baustellen- und Bauleitung fungieren. Dabei ist auf eine ordnungsgemäße Begründung für weitere Ressourcennachforderungen zu achten, um wiederum einer Entkoppelung zwischen Kalkulationsgrundlage, Terminplanung (Soll-Ausführung) und tatsächlichem Einsatz (Ist-Ausführung) vorzubeugen.
Abb. 157: Wochendisposition, in Anlehnung an WALKER (2004, S. 140).
Ferner ist dementsprechend der Terminplan anzupassen. Dabei sind folgende Gesichtspunkte zu beachten (MÖHRING/KLEINSCHMIDT, 2016, S. 41):
a) „Periodische oder ereignisbezogene Fortschreibung
b) Leistungsfeststellung
c) Störungserkennung
d) Integrierung von Störeinflüssen“
Die verbundene Leistungsfeststellung (Bau-Ist-Erfassung) wird bereits bei MÖHRING/KLEINSCHMIDT (2016, S. 42) plakativ beschrieben: „Der Ist-Ablauf wird vom Bauleiter des Auftragnehmers im Terminplan unterhalb der Sollabläufe […] dokumentiert [hierzu muss unter jedem Soll-Vorgang ein Ist-Vorgang eingefügt werden]. Basis bilden die Kolonnentagesberichte des Poliers […], die Tagesberichte der Nachunternehmer, die Baustellenrundgänge des Bauleiters und seine Rücksprachen mit dem Polier.“ (EBD. nach KAPELLMANN/SCHIFFERS, 2011, S. 800). „Der Leistungsstand lässt sich weiterhin auch als Prozentwert nach Fertigstellungsgrad erfassen wie z.B. in MS-Project®. […] Anhand der Leistungsfeststellung wird sich der auftragnehmerseitige Bauleiter häufig erst bewusst, dass eine Störung vorliegt – nämlich immer dann, wenn Soll und Ist nicht mehr zusammenpassen wollen“ (EBD.). Nachfolgende Abbildung zeigt die dann notwendige Störungsdarstellung im vernetzten Balkenplan:
Abb. 158: Störungsintegration im vernetzten Balkenplan, ROQUETTE ET AL. (2016, S. 55).
DUVE und CICOS (2014, S. 99) subsumieren unter dem Kontrollieren und Überwachen der Bauausführung folgende Bereiche:
- „Kontrolle der Bauqualität
- Kontrolle des Bauablaufs
- Kontrolle des Bauverfahrens
- Kontrolle der Baustoffe
- Kontrolle der Nachunternehmer
- Kontrolle der Arbeitssicherheit und des Arbeitsschutzes
- [Kontrolle der eigenen internen Unternehmensvorgaben]“
Es ist im Garten- und Landschaftsbau als üblich zu betrachten, dass alle diesbezüglichen Kontrolltätigkeiten durch den Bauleiter vor Ort anhand mind. wöchentlicher Baustellenrundgänge durchgeführt werden. Zur Vorbereitung sind dafür im Vorfeld die relevanten Pläne zu studieren, ebenso das Leistungsverzeichnis sowie die Bautagesberichte und der regelmäßig fortzuschreibende Terminplan. Ebenfalls sollte der letztwöchige Schriftverkehr mit dem Auftraggeber präsent sein. Wesentlich für den Erfolg dieser Baustellenrundgänge ist zum einen eine systematische Vorgehensweise (zumeist checklistengestützt), insbesondere zur Prüfung und notwendigen Eigenüberwachung, und zum anderen eine anschließend ausreichende Dokumentation. BAUCH und BARGSTÄDT (2015, S. 186) führen folgende Stellen zur Auffindung von Hinweisen für die Beurteilung von Ausführungs- und Qualitätsstandards an:
- „Vertragsunterlagen zum Bauprojekt
- Einschlägige DIN-Normen
- Weiterführende Richtlinien von Verbänden
- Allgemeine Fach- und Lehrbücher
- Verarbeitungshinweise der Produkthersteller
- Diverse Informationsportale im Internet“
Neben den auftraggeberseitig durchzuführenden Vor- und Kontrolluntersuchungen (vgl. HADERSTORFER ET AL. 2010, S. 322) wird zur Umsetzung der Eignungs- und Eigenüberwachungsprüfung nach den DIN-Normen (vgl. hierzu immer Abschnitt 2 und 4) auf die Checklisten bei NIESEL ET AL., (2010, S. 181) – hier exemplarisch zur Eigenüberwachungsprüfung bei Bodenarbeiten nach DIN 18915 – verwiesen. Ferner sollte folgende Prüfung durchgeführt werden:
- Materialannahmeprüfung (Vorschrift nach § 377 HGB)
Wesentliche Vertragspflichten für das Kontrollieren und Überwachen der Bauausführung ergeben sich aus den Regelungsinhalten der VOB/B, wie nachstehende Abbildung zeigt:
Abb. 159: Prüf- und Hinweispflichten des Auftragnehmers gemäß VOB/B.
Gemäß § 4 Abs. 3 VOB/B ergibt sich die vertragliche Verpflichtung zu prüfen, ob
- die Art der geforderten Ausführung den anerkannten Regeln der Technik entspricht,
- Vorleistungen mangelfrei sind und
- bauseits gestellte/vorhandene Baustoffe zum Einbau geeignet sind (vgl. BSCHORR in FRANKE ET AL., 2016, S. 1226 f.).
Das sich aus diesen beiden vertraglichen Regelungen ergebende Berichtswesen kann überblicksartig in ein internes und ein externes sowie ein für beide Zwecke dienendes Berichtswesen unterteilt werden, welches zur Dokumentation des Baugeschehens notwendig ist. Nachfolgende Abbildung zeigt diese Unterteilung:
Abb. 160: Berichtswesen und Schriftwechsel, in Anlehnung an BIERMANN (2001, S. 109
Nach ELWERT und FLASSAK (2010, S. 127) dient diese Dokumentation folgenden Aufgaben:
1. Sie schaffe nachprüfbare Belege und fördere somit die Glaubwürdigkeit der jeweiligen Aussagen.
2. Sie erleichtere durch systematischen Aufbau Plausibilitätsprüfungen bezüglich einzelner Aussagen.
3. Sie bewirke die Eindeutigkeit der technischen und rechtlichen Bedingungen des Baugeschehens.
Die interne Dokumentation ist weiterhin ein zentraler Bestandteil des unternehmerischen Ordnungssystems (Aufbau- und Ablauforganisation) und schafft ebenfalls nachprüfbare Belege für Prüfbehörden.
Für das Baugeschehen sind folgende Auftragnehmerpflichten gemäß den Regelungs-grundlagen der VOB als dokumentationswürdig bzw. -notwendig anzuraten:
Als Pendant sind für das Baugeschehen folgende Auftraggeberpflichten gemäß den Regelungsgrundlagen der VOB als dokumentationswürdig bzw. -notwendig für den Auftrag¬nehmer anzuraten:
Für die Erfüllung der genannten vertraglichen Verpflichtungen bietet die vorgenannte Literatur eine Fülle an Musterformularen. An dieser Stelle soll auf zwei Dokumentationserfordernisse explizit eingegangen werden, da das eine durch eine höchstrichterliche Rechtsprechung determiniert ist und daher besondere Aspekte zwingend zu beachten sind und das andere immer stärker dem Aspekt des digitalisierten Arbeitens unterworfen wird.
Das erste Instrument bezeichnet die sog. Behinderungsanzeige als Dokumentations-erfordernis gemäß § 6 Abs. 1 VOB/B. Zu Form und Inhalt einer Behinderungsanzeige hat der Bundesgerichtshof in höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH VII ZR 185/98 v. 21.10.1999) u.a. folgende Maßgaben definiert und diese in seiner ständigen Rechtsprechung bestätigt:
„a) Der Auftragnehmer hat in der Behinderungsanzeige anzugeben, ob und wann seine Arbeiten, die nach dem Bauablauf nunmehr ausgeführt werden müssten, nicht oder nicht wie vorgesehen ausgeführt werden können.
b) Die Behinderungsanzeige dient der Information des Auftraggebers über die Störung. Er soll gewarnt und es soll ihm die Möglichkeit gegeben werden, die Behinderung abzustellen.“
Die Ausführung einer Sachnachtragsleistung gemäß § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B verlangt ebenfalls die Stellung einer Behinderungsanzeige, wenn der Auftragnehmer nach seiner Dispositionsinformation eine Bauzeitverlängerung bereits erkennen kann bzw. erwartet (vgl. KAPELLMANN/SCHIFFERS, 2011, S. 574). Nach WÜRFELE ET AL. (2012, S. 446) ergeben sich daraus für eine ordnungsgemäße Behinderungsanzeige folgende inhaltliche Angaben:
Abb. 161: Inhalte einer ordnungsgemäßen Behinderungsanzeige, WÜRFELE ET AL. (2012, S. 466).
Nach Ende der Behinderung ist der Auftragnehmer verpflichtet, den Auftraggeber umgehend zu informieren (vgl. § 6 Abs. 3 VOB/B); die Schriftform ist hierbei im Gegensatz zur Behinderungsanzeige nicht vorgeschrieben, wird jedoch aus Dokumentationszwecken angeraten. Nachfolgende Abbildung zeigt die Inhalte einer sog. Behinderungsabmeldung:
Abb. 162: Inhalte einer ordnungsgemäßen Behinderungsabmeldung, WÜRFELE ET AL. (2012, S. 468).
Das zweite Instrument betrifft den Bautagesbericht, der als internes Dokumentationsmittel für die Lohnstundenerfassung und als externes Dokumentationsmittel für den Ausführungsstand und -ablauf im Sinne der „Eigenverantwortung des AN für seine Ausführung“ nach § 4 Abs. 2 VOB/B fungiert. Nachfolgende Abbildung zeigt diesen in digitaler Form mittels Cloud computing.
Abb. 163: Digitaler Tagesbericht, Screenshot WORKCONTROL (Benutzer Möhring, 08/2014).
Für die Überwachung kritischer Bauphasen vor Ort formulieren DUVE und CICHOS (2014, S. 146) prägnant und für die Sache nach Auffassung des Verfassers abschließend: „Bei der Herstellung eines Bauwerks kann der Einbau von Materialien oder Bauteilen technisch anspruchsvoll sein, oder die Arbeiten sind von erheblicher Bedeutung für das Bauwerk. In diesen Fällen muss der Bauleiter vor Ort anwesend sein. Auch während kritischer Bauphasen oder bei Problemen hat der Bauleiter den Einbauort in Augenschein zu nehmen, um sich ein eigenes Bild der Sachlage machen zu können.“
Die Begleitung der Mangelbeseitigung während der Bauausführung bemisst sich nach der vertraglichen Regelungsgrundlage des § 4 Abs. 7 VOB/B. Nachfolgende Abbildung zeigt einen idealisierten Ablauf zur ordnungsgemäßen Beseitigung von Mängeln:
Abb. 164: Mangelbeseitigung während der Ausführung, in Anlehnung an DUVE/CICOS (2014, S. 150).
Das „Nachtragsmanagement [oder die Stellung von Mehrkostenforderungen] ist die vertragsrechtlich und kalkulationsmethodisch korrekte und zugleich systematische Vorgehensweise zur Geltendmachung, Berechnung und Durchsetzung von Vergütungsänderungsansprüchen aus Bauvertragsabweichungen im Leistungsbereich.“ Hingegen ist das „Claimmanagement […] die systematische Vorgehensweise zur Durchsetzung von Ansprüchen aus Bauvertragsabweichungen aller Art [Herv. im Original]“ (HADERSTORFER ET AL., 2010, S. 349.). Im Kern geht es um einen vertraglichen Bausoll- und Bauist-Vergleich. Dabei ist das „Bausoll […] die durch den Vertrag nach Bauinhalt (Was?) und – gegebenenfalls – nach Bauumständen (Wie?) festgelegte, vom Auftragnehmer zur Erreichung des werkvertraglichen Erfolges (Herstellung des Werks) zu erstellende, beim Einheitspreisvertrag in Teilleistungen (= Ordnungszahlen bzw. Positionen) gegliederte Leistung und insoweit – auch – die relevante Vorgabe für die Bauausführung (z.B. nach Qualität der Leistung, Menge, Stand von Vorleistungen)“ (KAPELLMANN/SCHIFFERS, 2011, Rdn. 4)..Dieser Begriff „Bausoll“ wurde Anfang der 90-iger Jahre von Kapellmann und Schiffers eingeführt (vgl. DRITTLER, 2013, S. 74) und hat sich zur baubetrieblichen Darlegung von Nachtragssachverhalten allgemein etabliert. Nachfolgende Abbildung zeigt die gesamtheitliche Vorgehensweise:
Abb. 165: Aufgaben im Claim-Management, HADERSTORFER/MÖHRING (2014, S. 43) (roter Punkt = Austauschbeziehung mit Auftraggeber).
Gemäß VOB/B stehen dem Auftragnehmer folgende Anspruchsgrundlagen zur Verfügung, anhand derer er die festgestellte Vertragsabweichung klassifizieren muss, um seinen Anspruch zu begründen und kalkulationsmethodisch korrekt zu ermitteln. Dabei bleibt zu beachten, dass bei der Erstellung von Nachtragsangeboten zum einen die Reihenfolge der Positionen nicht verändert werden darf und Vertragsänderungen gesondert kenntlich gemacht werden müssen (vgl. § 14 Abs. 2 VOB/B) und zum anderen der Auftragnehmer die planungsrechtliche Haftung übernimmt, wenn er das Nachtragsleistungsverzeichnis inkl. Mengenermittlung selbst übernimmt. Nachfolgende Abbildung zeigt die Ansprüche gruppiert in drei Säulen:
Abb. 166: Ursachen von Nachträgen und deren Anspruchsgrundlagen nach VOB/B, HADERSTORFER ET AL. (2010, S. 351).
Ab dem 01.01.2018 tritt bei Bauverträgen nach BGB das Anordnungsrecht nach § 650b BGB mit der Vergütungsanpassung nach § 650c BGB in Kraft; die Vergütungsanpassung ist für Leistungsänderungen und Zusatzleistungen im BGB-Vertrag angelegt und weicht in ihren Bestimmungen deutlich vom VOB/B-Vertrag ab.
Der nach Abbildung 166 zu stellende „Sachnachtrag“ (1 Säule) sollte grundlegend wie folgt aufgebaut werden:
Abb. 167: Schematischer Aufbau eines Nachtrags nach § 2 Abs. 5, 6, 7, 8, 9 VOB/B, in Anlehnung an REISTER (2014, S. 226).
Der nach Abbildung 166 zu stellende „Sachnachtrag“ (2 Säule) sollte grundlegend wie folgt aufgebaut werden:
1. Rechnungsteil: Vergütung für erbrachte Leistung auf Grundlage der Vertragspreise und tatsächlichen Mengen.
2. Rechnungsteil: Vergütung für nicht erbrachte Leistung auf Grundlage der Vertragspreise und Vertragsmengen.
3. Abzugsanteil für ersparte Kosten im gekündigten Leistungsteil auf Grundlage der Vertragspreise.
4. Vortrag zum anderweitigen Erwerb.
Der nach Abbildung 166 zu stellende „Bauzeitnachtrag“ (3 Säule) sollte grundlegend wie folgt aufgebaut werden:
1. Rechnung für Nachtragsbetrag
2. Vertragliche Würdigung/Vereinbarung zu Vertragsterminen
3. Grundlage zum Terminplankonzept
4. Identifizierung der maßgeblichen auftraggeberseitigen Bauablaufstörungen
5. Identifizierung der maßgeblichen auftragnehmerseitigen Bauablaufstörungen
6. Kausalitätsnachweise nach § 286 ZPO (Tabellarische Einzelstörungsauswertung)
7. Berechnung der Fristverlängerung nach § 6 Abs. 4 VOB/B (Kausalitätsnachweis nach § 287 ZPO)
8. Berechnung der monetären Ansprüche (Kausalitätsnachweis nach § 287 ZPO)
9. Anlagen (Urkalkulation etc.)
Im Folgenden werden die in der Praxis am häufigsten auftretenden Anspruchsgrundlagen hinsichtlich ihrer Anspruchsvorrausetzung, Anspruchsdarlegung und Kalkulationssystematik erläutert. Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Materie eine Vielzahl von Sonderproblemstellungen beinhaltet, einem ständigen Rechtsprechungswandel unterworfen ist und häufig einzelfallbezogene Umstände berücksichtigt werden müssen (vgl. zu ähnlicher Ausführung auch HADERSTORFER ET AL., 2010, S. 371). Demzufolge können in dieser Abhandlung nur die eindeutigen Grundlagen dargestellt und ein weiterer Verweis auf die einschlägige Literatur gegeben werden. Zur Darstellung wird sich an der Abbildung 166 orientiert.
Bei der Anspruchsgrundlage des § 2 Abs. 3 VOB/B handelt es sich um den sog. Mengenausgleich; diese setzt voraus, dass es sich um eine „zufällige“ Mengenänderung handelt, die sich aus einer falschen Mengenschätzung ergibt, d.h., es darf keine Anordnung des Auftraggebers vorliegen. Die Regelungssystematik dieser Anspruchsgrundlage wird in nachfolgender Abbildung dargestellt:
Abb. 168: Regelungssystematik des § 2 Abs. 3 VOB/B.
KAPELLMANN und SCHIFFERS (2011, S. 266 f.) empfehlen daher für den Auftragnehmer in der Praxis folgende Vorgehensweise:
1. Abrechnung aller Positionen mit den festgelegten Vertragseinheitspreisen.
2. Erhebung bei der Erstellung der Schlussrechnung, ob die Abrechnungssumme die Auftragssumme unterschreitet.
3. Durchführung einer Ausgleichsberechnung über alle Positionen (auch Nachtrags-positionen) in tabellarischer Form.
Der Zweck dieser Ausgleichsberechnung liegt in der Fortschreibung der kausalen Zuordnung der Kosten und Deckungsbeiträge gemäß der Angebots- bzw. Auftragskalkulation. Das bedeutet, dass der Auftragnehmer bei einem Minderumsatz die volle Deckung des kalkulierten Deckungsbeitrags und bei einem Mehrumsatz keinen zusätzlichen Deckungsbeitrag für Baustellengemeinkosten erhält, sofern keine Bauzeitverlängerung aus der Risikosphäre des Auftraggebers entsteht. Nachfolgende Abbildung zeigt eine vereinfachte Mengenausgleichsberechnung ohne die Aufschlüsselung der Umlage-bestandteile:
Abb. 169: Mengenausgleichsberechnung nach § 2 Abs. 3 VOB/B, in Anlehnung an HADERSTORFER ET AL. (2010, S. 359).
Bei der Anspruchsgrundlage des § 2 Abs. 5 VOB/B handelt es sich um die sog. Leistungsänderung, d.h. die Abänderung einer im Vertrag bereits vorliegenden Leistung oder eines Leistungsumstandes. Nachfolgende Abbildung zeigt die Regelungssystematik:
Abb. 170: Regelungssystematik des § 2 Abs. 5 VOB/B.
Bei der Nachtragskalkulation ist zwingend zu beachten, dass, soweit möglich(!), die „angebots-kalkulierten“ Kosten bzw. das dort entwickelte Preisgefüge beizubehalten ist. Das bedeutet, dass die in der Angebotskalkulation enthaltenen Kalkulationselemente, wie z.B.
• Mittellohn,
• Baustellengemeinkosten,
• Allgemeine Geschäftskosten,
• Wagnis und Gewinn,
im Regelfall nicht nachträglich geändert werden dürfen. Weiterhin ist das Vertrags-preisniveau mittels Vertragspreisniveaufaktor zu ermitteln (vgl. zu dieser Ermittlung insbesondere KAPELLMANN/SCHIFFERS, 2011, S. 485 ff.). Exemplarisch sei hier angeführt: Wurde in einer Position „Bordstein 8/25 versetzen“ ein Aufwandswert von 10min (realer Aufwandswert 20-25min) eingesetzt, so gilt bei einer Änderung der Leistung z.B. Verschiebung in eine schlechte Jahreszeit mit einem realen Zeitansatz von 30 min: 10/20 = 0,5 * 30min = 15min als neuer Aufwandswert. So gilt abschließend: „Grundlage für den neuen Preis ist bei allen Preistypen des Bauvertrags die ursprüngliche Preisvereinbarung mit dem Auftragnehmer, auf die dann die vorauskalkulierten bzw. vorauskalkulierbaren Mehr- und Minderkosten hinzuzurechnen sind, abgestellt auf den Zeitpunkt der Änderungs-anordnung“ (KELDUNGS in INGENSTAU/KORBION, 2017, S. 1078).
Diese Preisfortschreibungssystematik wird im neuen Bauvertragsrecht gemäß § 650c BGB geändert. Bei einer Änderungsanordnung des Auftraggebers nach § 650b BGB (gilt nur in Textform!) besteht eine Wahlfreiheit des Auftragnehmers in Bezug auf die Preisanpassung. Er kann demnach bei jedem Nachtrag neu entscheiden, ob er entweder nach den tatsächlich erforderlichen Kosten für den Mehr- oder Minderaufwand (Lohn, Material, evtl. zusätzlich entstehende BGK etc.) mit angemessenen Zuschlägen für Allgemeine Geschäftskosten (AGK) sowie Wagnis und Gewinn (§ 650c Abs. 1 BGB) oder nach einer vereinbarungsgemäß hinterlegten Urkalkulation (§ 650c Abs. 2 BGB) die Nachtrags-vergütung bestimmen möchte. Greift der Auftragnehmer auf die Urkalkulation zurück, wird widerleglich vermutet, dass die dortigen Ansätze den tatsächlich erforderlichen Kosten entsprechen und die Zuschläge weiterhin angemessen sind. Werden die Mehrkosten nach den tatsächlich erforderlichen Kosten bestimmt, so „[…] ist die Differenz zwischen den hypothetischen Kosten, die ohne die Anordnung des Bestellers entstanden wären, und den Ist-Kosten, die Aufgrund der Anordnung tatsächlich entstanden sind, zu bilden“ (BUNDESVEREINIGUNG BAUWIRTSCHAFT (Hrsg.), 2017, S. 12). Für die Erstellungspflicht eines Nachtragsangebotes durch den Auftragnehmer nach § 650c BGB sind zudem folgende Rahmenbedingungen zu beachten:
- Wenn die Ausführung nicht notwendiger Leistungen (§ 650b Abs. 1 Nr. 1 BGB) dem Auftragnehmer unzumutbar sind, dann braucht dieser kein Nachtragsangebot zu erstellen und die Leistungen nicht auszuführen.
- Wenn der Auftraggeber die Planungsverantwortung trägt, dann
ist das Nachtragsangebot erst nach auftraggeberseitig geänderter
Planung (§ 650 b Abs. 1 Satz 4 BGB) zu erstellen.
- Wenn es dagegen zu notwendigen Änderungen kommt und der Auftragnehmer
die Planungsverantwortung trägt (§ 650b Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 650c Abs. 1 Satz 2 BGB) hat der Auftragnehmer keinen Nachtragsanspruch.
Ferner gilt zu beachten, dass der Auftraggeber trotz Preisuneinigkeit bei einem Nachtragsangebot aber 80% des Nachtragsanspruches nach Erbringung der Leistung zunächst bezahlen muss (§ 650c Abs. 3 BGB), falls er keine anderslautende gerichtliche Eilentscheidung erwirkt hat (§ 650d BGB „einstweilige Verfügung“). „Damit künftig die Unternehmerseite ihre Kostenangebote weiterhin seriös kalkuliert und nicht überhöhte Nachtragsangebote erstellt, sieht das Gesetz einen Strafzins für überhöhte Kostenangebote vor [§ 650c Abs. 3 Sätze 2 – 4 BGB]“ (BUNDESVEREINIGUNG BAUWIRTSCHAFT (Hrsg.), 2017, S. 13).
Bei der Anspruchsgrundlage des § 2 Abs. 6 VOB/B handelt es sich um die sog. Zusatzleistung (Anwendung des § 650c BGB anlog bei BGB-Bauverträgen). KAPELLMANN und SCHIFFERS (2011, S. 373) führen hierzu prägnant aus: „Selbstverständlich ist es nicht möglich, zur Abgrenzung zwischen § 2 Abs. 5 und § 2 Abs. 6 VOB/B abstrakt eine Aussage zu treffen, die jeden Einzelfall a priori klärt. Eine Abwägung, inwieweit die alten Kalkulationselemente noch praktisch verwendbare Hilfen zur Ermittlung des neuen Preises bieten, bleibt unumgänglich.
Als Anhaltspunkt bietet sich […] folgende Fragenkette über die Entsprechung der Produktion der alten und neuen Leistung an:
1. Gehört die modifizierte Leistung in den […] Leistungsbereich (Gewerk) der Vertragsleistungen?
2. Wenn ja, gibt es eine Bezugsleistung?
3. Wenn ja, können Kalkulationselemente der Angebotskalkulation der Bezugsleistung analog fortgeschrieben werden?
Wenn ja, so handelt es sich um eine geänderte Leistung im Sinne von § 2 Abs. 5 VOB/B; wenn nein, so liegt eine zusätzliche Leistung im Sinne von § 2 Abs. 6 VOB/B vor.“ Nachfolgende Abbildung zeigt die Regelungssystematik:
Abb. 171: Regelungssystematik des § 2 Abs. 6 VOB/B.
Für die Preisbestimmung ist die Beschreibung für § 2 Abs. 5 VOB/B analog anzuwenden.
In den Kontext der Zusatzleistungen fallen in der Branche Garten- und Landschaftsbau gerne die sog. Stundenlohnarbeiten – eine Umwandlung eines Leistungsvertragsinhalts in einen Aufwandsvertragsinhalt. Im Vergabehandbuch des Bundes (2008 mit Stand 2014) wird hierzu ausgeführt: „Vor einer Beauftragung/Abrufung von Stundenlohnarbeiten ist immer zu prüfen, ob diese Arbeiten einer bereits beauftragten Leistungsposition zugeordnet oder als Leistungsposition neu festgelegt werden können. Nur wenn beides nicht möglich ist, kann eine Beauftragung von Stundenlohnarbeiten in Betracht gezogen werden.“ Nachfolgende Abbildung zeigt die Regelungssystematik:
Abb. 172: Regelung bei Stundenlohnarbeiten nach § 15 VOB/B.
In der Praxis ergeben sich im Zusammenhang mit Stundenlohnarbeiten vielerlei Problemstellungen, die in nachstehender Abbildung verdeutlicht werden; demzufolge ist es bei Stundenlohnarbeiten als A und O anzusehen, diese vorher zu vereinbaren, vor Beginn der tatsächlichen Ausführung eine möglichst schriftliche Ankündigung vorzunehmen und die durchgeführten Arbeiten mit dem entsprechenden Personal ordnungsgemäß und ausführlich zu dokumentieren (vgl. zu Vorlagen von Regieberichten z. B. HADERSTORFER ET AL., 2010, S. 310):
Abb. 173: Problemstellungen mit Stundenlohnarbeiten.
Bei der Anspruchsgrundlage des § 8 Abs. 1 VOB/B handelt es sich um die sog. freie Kündigung des Auftraggebers (analog § 649 BGB). Diese wird auch angewandt, wenn bereits beauftragte Teilleistungen, durch den Auftraggeber angeordnet, nicht ausgeführt werden sollen (Ausführungsmenge angeordnet = 0). Zu diesem Nachtragssachverhalt sind im Vorfeld zwei grundlegende Begrifflichkeiten (vgl. REISTER, 2014, S. 408 f.) zu erläutern:
1. „Ersparte Kosten“: Kosten, die der Auftragnehmer nicht aufwenden musste (kurzfristig abbaubare Kosten).
Basis ist die tatsächliche Kostenentwicklung im Auftrag unter Berücksichtigung von Vergabegewinnen und -verlusten – dies kann jedoch bei fehlenden greifbaren Anhalts-punkten aus der Urkalkulation (EKT-Ebene) abgeleitet werden („Opfergrenze“). Hierbei ist immer die Gliederungstiefe bei der Abrechnung zu beachten (positionsweise oder aus DB-Rechnung).
2. „Anderweitiger Erwerb“: Erlös des Auftragnehmers durch anderweitige Verwendung seiner Ressourcen (nicht kurzfristig abbaubare Kosten).
Ein Ersatzauftrag, der kurzfristig unter zumutbaren Konditionen annehmbare wäre – dies muss vom gleichen Auftraggeber ausdrücklich als Ersatzauftrag erklärt werden. Die Verteilung von Arbeitskräften ist kein echter Ersatzauftrag, sondern nur ein sog. Füllauftrag. Es bleibt allerdings zu beachten, dass das VHB dies im Gegensatz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung anders sieht.
Demnach ergibt sich zunächst folgende Regelungssystematik12:
12 Bei Bauverträgen und Verbraucherbauverträgen nach BGB müssen alle Kündigungen, d.h. auch Teilkündigungen schriftlich mit eigenhändiger Unterschrift erfolgen (Bundesvereinigung Bauwirtschaft (Hrsg.), 2017, S. 9).
Abb. 174: Regelungssystematik des § 8 Abs. 1 VOB/B, in Anlehnung an REISTER (2014, S. 406 ff.).
Die Berechnung wird anschließend wie folgt ausgeführt:
Vergütung für erbrachte Leistung auf Grundlage der Vertragspreise und tatsächlichen Mengen
+ Vergütung für nicht erbrachte Leistung auf Grundlage der Vertragspreise und der ausgeschriebenen Mengen (mind. 5 % der Vergütung stehen ohne Nachweis zu)
- ersparte Kosten im gekündigten Leistungsteil auf Grundlage der Vertragspreise
- anderweitigen Erwerb
= 1. Rechnungsteil: Vergütung für erbrachte Leistung auf Grundlage der Vertragspreise (inkl. Umsatzsteuer)
= 2. Rechnungsteil: Kündigungsvergütung (ohne Umsatzsteuer)
Bei der Anspruchsgrundlage des § 6 Abs. 6 VOB/B respektive des § 642 BGB handelt es sich um Schadensersatz respektive Entschädigung. Es ist dazu „[…] in der Regel eine konkrete, bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Behinderung unumgänglich. Demjenigen Auftragnehmer, der sich durch Pflichtverletzungen des Auftraggebers behindert fühlt, ist es zuzumuten, eine aussagekräftige Dokumentation zu erstellen, aus der sich die
Behinderung sowie deren Dauer und Umfang ergeben.“ (BGH VII ZR 141/03 v. 24.02.2005, S. 3 II Nr. 1, IBR, 2005, 246). Damit wird für den sog. haftungsbegründenden Kausalitätsnachweis auf die vorgenannten Ausführungen zur Terminplanung und Dokumentation des Bauablaufs verwiesen. Für die Anspruchshöhe muss nachgewiesen werden,
1. „…, dass es aufgrund des zuvor dargelegten Haftungsgrundes zu einer Bauzeitverlängerung gekommen ist (Verursachungsprinzip) und
2. …, dass ein tatsächlich entstandener Mehraufwand (Schadenshöhe) ursächlich für die Behinderungsfolge ist (Darstellung des Behinderungsschadens (Wirklichkeits-prinzip)).“ (MÖHRING, 2012, S. 73, zit. nach MÖHRING, 2010, S. 45.)
Der erste Punkt lässt sich wie folgt in seinen Schritten mit den jeweiligen Inhalten darlegen:
1. Überprüfung des letzten Terminplanstandes auf Integration aller Bauablaufstörungen, d.h. Abgleich mit anspruchsbegründendem Kausalitätsnachweis.
2. Bereinigung des letzten Soll-Plans (Ist) um Eigenstörungen, d.h. Eliminierung der Eigenstörungen, indem die Vorgangsdauern auf die Zeitdauer 0 gesetzt werden; Eliminierung der nicht benötigten Pufferzeiten.
3. Abgleich des damit entstandenen modifizierten Soll-Terminplans mit Soll-0-Terminplan zur Erstellung eines Vergleichsberichts zwischen den beiden Plänen (Ermittlung der Tagesdifferenzen).
4. Überprüfung der Tagesdifferenz im Sinne einer Plausibilitätsprüfung (Urlaubstage, Feiertage berücksichtigen).
5. Umrechnung der ermittelten Zeitdauer in Stunden (Ermittelte Tage * Arbeitszeit/Tag = Arbeitsstunden im Verzug).
6. Berechnung der Tagesstunden mit der durchschnittlich angesetzten Kapazität (Arbeitsstunden im Verzug * durchschnittliche Kapazität = Lohnstunden im Verzug).
Der zweite Punkt lässt sich für die Abrechnungsgrundlage des § 6 Abs. 6 VOB/B wie folgt exemplarisch darstellen:
Die sich anhand der vorgenannten Sachverhalte häufig ergebenden Konflikte lassen sich kategorisiert auf der Basis des magischen Dreiecks der Projektsteuerung Termine, Kosten, Qualitäten zugeordnet darstellen (vgl. Abb. 175):
Abb. 175: Konfliktgegenstände während der Bauabwicklung, nach V. DAMM (2007, S. 12).
Für den Auftragnehmer sind zunächst aus vertraglicher Perspektive die Maßgaben des § 18 VOB/B zwingend zu beachten, die in nachfolgender Abbildung dezidiert dargestellt werden. Für die Konfliktlösung sei u.a. auf den vorgenannten Punkt „Besprechung“ verwiesen; bei Streitigkeiten aus einseitigen Anordnungen beim BGB-Bauvertrag sei auf § 650d BGB verwiesen:
Abb. 176: Regelungen für Streitigkeiten gemäß § 18 VOB/B.
Die Bauausführung schließt mit der Abnahme, die Inhalt nachfolgenden Kapitels sein soll.